Von Mascha Kaléko
Hollywood, das ist keine Stadt. Schon eher eine Erfindung.
Für Fremde: eine Mischung von Palmen und schlechter Verbindung.
Für Eingeborne: Ein Wohnsitz, mit Traumfabriken garniert,
Für Zugereiste: ein Zustand, der häufig zu Zuständen führt.
Gewiß, ich habe die Studios gesehn, und ich fand sie durchaus nicht von Pappe;
Und Donald Duck in eigner Person, und echte Natur als Attrappe.
Auch Gott, den Herrn, in Technicolor, er gab mir sein Autogramm.
Und der Hauptengel blies das Saxophon, da standen die Heerscharen stramm.
Die Betten der Stars sind aus Elfenbein
Und die Klos aus echtem Platin,
Man trägt dort die Herzen aus Marmelstein
Und weint nur Ia Glyzerin.
Mit heiligem Schauder, zu mäßigen Preisen,
Darf der Tourist das Schloß umkreisen,
Darinnen das neueste Filmsternchen thront.
Doch von der Garbo geht die Sage,
Dass Greta bis zum heutigen Tage,
Noch nicht mal selbst weiß, wo sie wohnt.
Ob Marilyn sich räuspert, ob Micky Mouse spuckt,
Wird im Lokalblatt fettgedruckt,
Durchrast die Welt per Syndikat.
In diesem Dorf bleibt nichts privat.
Doch läßt man dich in Ruh, o weh,
Erschieß dich, Lump, du bist passé.
Hollywood, das ist keine Stadt. Noch eher `ne Weltanschauung:
Kategorischer Box-office-Imperativ als höchstes Prinzip der Erbauung.
Herstellungszentrale für Massenglück von zirka drei Stunden Dauer.
Die Scheinwelt als Wille und Vorstellung, adapted from Schopenhauer.
Quelle: In meinen Träume läutet es Sturm, 15. Auflage 1993, S. 57
[ Mascha Kaléko ]