Von Dr. Christa Karras, stellv. Vorsitzende Landfrauenrat Niedersachsen e.V.
Eine Untersuchung des Landesamt für Statistik hatte ergeben: Wir in Niedersachsen werden weniger (Rückgang bis 2060 um 22%), wir werden älter (die Zahl der über 80-Jährigen wird sich fast verdoppeln), wir werden bunter (der Anteil der MigrantInnen von heute 16,5% wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zunehmen) und wir werden Vereinzelter (mehr Alleinerziehende, Singles, Witwen und Witwer). Die Statistik sagt, bis 2031 braucht sich Braunschweig zwar hinsichtlich der Bevölkerungszahl keine Sorgen zu machen, wir werden wachsen.
Der Trend ist: zurück in die Stadt. Anders sieht es aber um uns herum aus: in allen Landkreisen muss mit Abwanderungen von bis zu 20% gerechnet werden. Aber auch in Braunschweig werden die Menschen immer älter: der Anteil von Personen bis 20 Jahren wird um 18% zurückgehen, der über 65-Jährigen bis zu 28% und der Hochbetagten um 7% steigen. Heute schon wird der demnächst zu erwartende Arbeits- und Fachkräftemangel heraufbeschworen.
Die Landesregierung hat aus diesem Grunde einen Beirat Demografie einberufen. In diesem Jahr soll auf drei Gebieten herausgearbeitet werden, wie dem entgegen zu steuern ist. Denn die demografischen Veränderungen haben Auswirkungen nicht nur auf die Arbeitskräfte, sondern auch auf die Infrastruktur. Große Bedeutung haben dabei Bildung und Ausbildung, aber auch der Wunsch nach anderen Wohnformen (gemeinschaftliches Wohnen) und der Mobilität.
Auf Einladung des Wirtschaftsministeriums (MW) diskutierte der Landesfrauenrat Niedersachsen e.V., unterstützt von Fachfrauen, den Themenschwerpunkt Mobilität von Frauen. Wir machten deutlich, dass es nicht nur darum ginge, die Mobilität von Frauen sicher zu stellen durch einen sicheren und ausreichenden öffentlichen Nahverkehr (vernetzt), sondern dass es auch gelte, eine entsprechende Infrastruktur zu den Frauen zu bringen (ärztliche Versorgung, wie z.B. die rollende Arztpraxis in der Region Wolfenbüttel, Einkaufsmöglichkeiten vor Ort etc.). Wir wiesen darauf hin, dass es nicht gelte, die technische Überwachung von Bahnen, Bussen und Plätzen auszubauen, sondern dem Sicherheitsbedürfnis von Frauen sollte Rechnung getragen werden durch Menschen, die sie z.B. begleiten oder ggf. Hilfestellung leisten.
Vermutlich ist Begleitung und Hilfestellung eine neue ehrenamtlich Aufgabe für noch fitte, jüngere Alte (Beispiel: helfende Hände für Seniorinnen und Senioren, Schulungen für Personal).
Wichtig ist die Sicherstellung von Beratung, Information etc. vor Ort durch entsprechende Einrichtungen, die aber nicht fachspezifisch ausgerichtet sein sollten, so dass sich dort ggf. auch Frauen, die auf dem Lande Gewalt ausgesetzt sind, anonym Hilfe holen können. Allerdings wiesen wir auch darauf hin, dass das MW hinsichtlich der Bedürfnisse von Migrantinnen den Kontakt direkt zu diesen entsprechenden Verbänden suchen müssten, da wir für die verschiedenen Migrantinnengruppen nicht die richtigen Ansprechpartnerinnen sind.
Und wir müssen für die Zukunft davon ausgehen, dass die Armut auch weiterhin weiblich ist, zumal die Renten für die kommenden Generationen geringer ausfallen werden als heute. Da die Frauen in der Regel länger leben als Männer und deutlich ärmer sein werden, müssen die Mobilitätssysteme entsprechend angepasst werden.
Wir können nicht auf ein kleines schnuckeliges Auto für Frauen setzen, sondern müssen den öffentlichen Nahverkehr kostengünstig und attraktiv gestalten. Aber auch Barrierefreiheit müsste weiter gefasst werden. Sie sollte sich nicht auf rein körperliche Einschränkungen reduzieren (auch kulturelle, zeitliche, psychische Barrieren etc. halten Menschen von der Nutzung des ÖPNV ab) und nicht nur das Verkehrsmittel, sondern auch den Weg dorthin und zum Ziel mit einbeziehen.
Es muss auch berücksichtigt werden, dass Frauen sich sofort unsicher fühlen bei verwahrlosten und unbeleuchteten Plätzen etc. Wichtig sei auch Kommunen bei der Erstellung von ganzheitlichen Mobilitätskonzepten finanziell und inhaltlich zu unterstützen, da die Ressourcen dafür insbesondere in ländlichen Kommunen nicht ausreichen.
[ Dr. Christa Karras, stellv. Vorsitzende Landfrauenrat Niedersachsen e.V. ]