Von Wolfgang Wiechers
Vier Jahre existiert es nun schon, das Netzwerk Gemeinsam Wohnen. 43 mal hat es inzwischen im Mehrgenerationenhaus an der Hugo-Luther-Straße getagt, 43 mal haben seine über 250 Mitglieder Protokolle, sozusagen als Newsletter, erhalten.
Das Interesse an neuen Wohnformen ist enorm. Seit der Gründung ist die Mitgliederzahl auf das Achtfache angestiegen.Das zeigt deutlich, dass sich unsere Gesellschaft verändert – Familienzusammenhänge lösen sich auf, die Gesellschaft altert, nachbarschaftliche Kontakte und gemeinschaftliches Handeln werden zur Seltenheit, während die Zahl der Singlehaushalte zunimmt.
Gemeinsam Wohnen heißt, zusammen unter einem Dach - mit dem Ziel sich mit einer Wahlfamilie gegenseitig zu unterstützen, nicht zu vereinsamen und durch nachbarschaftliche Hilfe möglichst bis zum Lebensende selbständig - und vor allem selbstbestimmt - zu leben. Der Wille zum Miteinander ist die Basis für das Gemeinsame Wohnen. Gleichzeitig wird der Wunsch nach Privatheit akzeptiert. Alle haben eine kleine Wohnung mit Küche und Bad. Zusätzlich gibt es großzügige Gemeinschaftsräume.
Der Weg von der Idee eines gemeinsamen Wohnprojektes bis zur Verwirklichung ist nicht einfach. Hier steht das Netzwerk Gemeinsam Wohnen Braunschweig zur Seite. Die ersten drei Jahre dienten dem Netzwerk dazu, Öffentlichkeitsarbeit zu machen, viele Interessierte für neue Wohnformen zu ermutigen und über geeignete Rechtsformen aufzuklären. Jetzt ist die Arbeit in eine neue Phase getreten. Inzwischen gibt es neun Gruppen von durchschnittlich 20 Personen, die ganz konkret nach geeigneten Gebäuden und Grundstücken suchen: z.B. zwei Gruppen mit Kindern, eine Gruppe, die mit Pferden einen Bauernhof beziehen möchte, eine christliche Gemeinschaft, drei Gruppen mit älteren Mitgliedern.
Grundstücke zu finden, ist schwierig. Die Netzwerkkoordinatoren haben schon etliche Grundstücke auf ihre Eignung geprüft. Doch meistens wurden sie von Investoren weggeschnappt, die mehr Geld geboten haben. Zwei Gruppen konnten ihre Projekte bisher realisieren, eine am Ilmweg in der Weststadt. Sie hat Wohnungen von der Wiederaufbau gemietet. Eine andere Gruppe konnte ein Haus an der Maschstraße erwerben.
Die Stadt hat versprochen, zukünftig das Netzwerk stärker zu unterstützen. Im Baugebiet Blumenstraße hat sie den Anfang gemacht und ein Grundstück für Gemeinsam Wohnen ausgewiesen, aber leider gleichzeitig an einen Bauträger verkauft. Das erschwert die Verhandlungen erheblich. Das Netzwerk hofft, dass die Stadt das zukünftig wie andere Städte handhabt: Grundstücke in neuen Baugebieten werden für Gemeinsames Wohnen reserviert und interessierten Gruppen zwei Jahre zur Projektentwicklung zur Verfügung gestellt. Erst dann muss die Gruppe kaufen.
Ein sehr geeignetes Grundstück wäre zum Beispiel das ehemalige Krankenhaus am Langer Kamp (siehe Abbildung) . Es ist sehr gut zum Gemeinsamen Wohnen geeignet. Drei Gruppen würden die drei alten Gebäude gern erwerben und zum Gemeinsamen Wohnen umgestalten. Ob das gelingt, ist noch nicht endgültig entschieden. Mit Nachdruck und Optimismus arbeiten die Gruppen weiter, und die Netzwerkmitglieder freuen sich sehr auf das fünfjährige Jubiläum im nächsten Jahr. Das soll ordentlich gefeiert werden. .
[ Wolfgang Wiechers ]