Der Weckruf der Klima-Bewegung erreichte meine Familie und mich kurz vor den Europa-Wahlen. Plötzlich standen unsere drei Kinder vor ihren verdutzten Eltern und fragten: “Geht ihr wählen? Geht unbedingt wählen! Das ist ganz wichtig. Unser Planet ist in Gefahr!“
Vorher hatten unsere Kinder sich nie für Politik oder Wahlen interessiert, aber jetzt setzten wir uns gemeinsam mit dem drohenden Klimawandel und seinen Ursachen auseinander. Je mehr wir uns informierten und recherchierten, desto klarer wurde uns: Wir sind wirklich dabei, die Lebensgrundlagen auf diesem Planeten zu zerstören. Wir leben auf Kosten der Zukunft unserer Kinder.
Mir wurde ganz übel bei dieser Vorstellung. Warum tun wir das? Wir sind doch nicht zu dumm oder uninformiert. Im Gegenteil, die Wissenschaft hat uns doch schon vor dreißig Jahren sehr deutlich gemacht, dass wir unseren Planeten und all das Leben darauf zerstören, wenn wir so weiter wirtschaften und konsumieren. Aber genau das haben wir getan. Die Vorstellung, dass ich durch mein Konsumverhalten dazu beitrage, dass die nächsten Generationen keine Chance mehr auf eine friedliche und lebenswerte Existenz haben, bereitet mir ziemliche Bauchschmerzen. Alles, was früher düstere Zukunftsszenarien gewesen sind: Hitzetote, abschmelzende Gletscher, Wirbelstürme und Flutwellen, massenhaftes Artensterben – all das ist plötzlich ganz konkret und gegenwärtig!
Wir hielten eine kleine familieninterne „Klima-Konferenz“ ab. Wie können wir in unserem Haushalt nachhaltiger leben? Wir beschlossen, bei Einkäufen auf Einweg-Plastik zu verzichten, weitgehend vegetarisch zu kochen, künftig auf Geschenkpapier zu verzichten, weniger Auto zu fahren, Leitungswasser zu trinken, und wir pflanzten Wildblumen in den Garten. Diese kleinen Änderungen waren für uns ein Anfang.
Schon klar: Wir können mit einer Veränderung unseres Alltagsverhaltens nicht die Welt retten, aber trotzdem war es mir wichtig, nicht einfach so weiter zu machen wie bisher. Zugleich war mir auch bewusst, dass es umfassende gesellschaftliche Änderungen geben muss, um die Folgen des Klimawandels zu reduzieren. Ich schloss mich daher der Gruppe „Parents for Future Braunschweig“ an und fand dort andere Menschen, denen es genauso geht wie mir. Wir fühlen uns, ganz gleich ob mit oder ohne Kinder, dafür verantwortlich, nicht mehr auf Kosten der künftigen Generationen zu leben. Wir wollen alles tun, um den drohenden Klima-Kollaps abzuwenden. Dafür planen wir Aktionen, gehen demonstrieren, schrei-
ben Appelle, nehmen Kontakt mit Schulen und sozialen Einrichtungen auf, um immer mehr Menschen zu erreichen. Gemeinsam mit anderen Menschen etwas auf die Beine zu stellen ist toll. Es hat mir ganz viel neuen Mut gegeben.
Denn wenn wir uns alle gemeinsam für ein Wirtschaftssystem einsetzen, das das Klima nicht zerstört, sondern die Schönheit und Vielfalt auf diesem Planeten erhält, dann bekommen unsere Kinder die Chance auf eine Zukunft, auf die sie sich freuen können. Wenn wir mit ganz, ganz vielen Menschen gemeinsam auf die Straße gehen und ein Umdenken fordern, dann muss die Politik reagieren. Dann zeigen hoffentlich nicht nur die „Kleinen Klima-Konferenzen“, sondern auch die ganz großen endlich eine Wirkung.
Höchste Zeit, sich gemeinsam auf den Weg zu machen! Wann, wenn nicht jetzt?
[Ulrike Adam]